Gute Bildungsmaterialien: eine Reflexion

Bild: Das OER Global Logo von 2012 Jonathas Mello www.jonathasmello.com
steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution 3.0 Unported (CC BY 3.0) via UNESCO.

Open Educational
Resources
Open Educational Resources (OER) können einzelne Materialien, aber auch komplette Kurse oder Bücher umfassen. Jedes Medium kann verwendet werden. Lehrpläne, Kursmaterialien, Lehrbücher, Streaming-Videos, Multimedia-Anwendungen, Podcasts – all diese Ressourcen sind OER, wenn sie unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden.“

Mehr zu OER

Die Projektförderung von edulabs ist ausgelaufen, das Netzwerk bleibt aber noch aktiv und die zahlreichen Inhalte dieser Seite werden erhalten. Mit der Artikelreihe „Abschlussbericht“ dokumentiere wir unsere Erkenntnisse. Der vorliegende Beitrag stellt unsere Erfahrungen mit der Entwicklung von freien Bildungsmaterialien vor. Alle weiteren Artikel findet ihr hier.

Mit Open Educational Resources (OER) werden Lehr- und Lernmaterialien bezeichnet, die ohne rechtliche oder technische Hürden zugänglich, nutz- und veränderbar sind. Die UNESCO-Kommission hebt in ihrer Definition die Bedeutung von Lizenzen für OER hervor:

„Open Educational Resources (OER) sind Bildungsmaterialien jeglicher Art und in jedem Medium, die unter einer offenen Lizenz stehen. Eine solche Lizenz ermöglicht den kostenlosen Zugang sowie die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen. Dabei bestimmen die Urheber selbst, welche Nutzungsrechte sie einräumen und welche Rechte sie sich vorbehalten.“

Im Rahmen von edulabs stand die konkrete Entwicklung und Bewerbung von guten OER im Mittelpunkt. Es zeigte sich schnell, dass die lizenztechnischen Aspekte lediglich ein notwenidges Kriterium sind. Was aber sind gute OER? Wie sollen die Materialien selbst aussehen, die wir hervorheben und entwicklen? Im Rahmen dieses Artikel teilen wir unsere Erkenntnisse.
Zunächst ist bei freien Bildungsmaterialien zwischen technischer und rechtlicher Offenheit und der Offenheit der Bildungsmaterialien selbst zu unterscheiden. Damit fällt die Bewertung von Materialien in zwei Unterbereiche.

Technische und rechtliche Offenheit

Ob es sich um technisch und rechtlich offene Materialien handelt, ist recht leicht festzustellen, denn die Anforderungen sind klar formuliert: „Open means anyone can freely access, use, modify, and share for any purpose (subject, at most, to requirements that preserve provenance and openness).” - Open Definition.
Bei diesem ersten Kriterium der Offenheit geht es also in erster Linie um technische Barrieren und Lizenzfragen, die der Reihe nach geklärt werden können:

  • Liegt das Material auf einer Plattform, die den uneingeschränkten Zugriff ermöglicht?
  • Ist es in einem Format, das jeder und jede öffnen kann, ohne sich teure Software kaufen zu müssen?
  • Wird das Material auch in einem veränderbaren Dateiformat angeboten?
  • Und: Ist die Nachnutzung durch eine offene Lizenz rechtssicher möglich (CC0, CC-BY oder -SA)?

Eine andere Perspektive ergibt sich, wenn es nicht um die Lizenzierung, sondern um die Inhalte und die didaktische Ausrichtung der Materialien geht. Denn für diese erweiterten Kriterien der Offenheit ist die Nachnutzbarkeit nur ein erster Schritt. Was sind also gute Bildungsmaterialien unter der Voraussetzung der technischen und rechtlichen Offenheit?

Was ist Freie Pädagogik?
„OER in der gleichen Weise zu nutzen, wie kommerzielle Lehrbücher, schöpft ihr volles Potenzial nicht aus.“

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Didaktische Offenheit: zeitgemäße Bildungsmaterialien

Die Frage nach didaktisch guten Bildungsmaterialien hängt eng mit der Bewertung von Bildung im Ganzen zusammen und dadurch auch mit der aktuellen Diskussion um zeitgemäße Bildung. Hier steht vor allem die Förderung digitaler, kommunikativer, kreativer, kollaborativer und kritischer Kompetenzen im Vordergrund. Mit Blick auf die Rahmenbedingungen der Bildungssysteme geht es um Materialien, die ein individualisiertes, fächerübergreifendes und projektorientiertes, sowie ein inklusives Lernen unterstützen. Was aber sind zeitgemäße Bildungsmaterialien? Wenn wir davon ausgehen, dass zeitgemäßer Unterricht selbstorganisiert gelingen soll, dass Lernende eigenverantwortlich arbeiten und sich ihrem Stand entsprechend mit Themen auseinandersetzen, dann ergeben sich folgende Anforderungen:

  • Es wird nicht zwischen Materialien für Lehrende und Lernende unterschieden, beide arbeiten mit den gleichen Dokumenten.
  • Die Materialien sind modular und können isoliert behandelt werden, auch wenn sie sich auf einen größeren Rahmen beziehen.
  • Dabei ist eine übersichtliche Struktur und die Angabe von Lernzielen, Vorkenntnissen, Zeitbedarf und dem Kontext notwendig. Nur so können Lernende und Lehrende bewerten, ob das Material den Ansprüchen des individuellen Lernprozesses entspricht.
  • Verweise auf Referenzmaterialien (Links, QR-Codes,…) unterstützen Lernende dabei, Themen zu überprüfen, tiefergehend zu recherchieren und sich ihrem Interesse entsprechend anzueignen.
  • Design trägt wesentliche zum Erhalt der Aufmerksamkeit bei (Details im Interview mit Susanne Stauch); Bei selbstorganisierten Lernszenarien muss die Aufmerksamkeit der Lernenden durch die Materialien selbst gehalten werden. Je besser die Materialien aufbereitet und gestaltet sind, desto selbständiger können die Lernenden damit arbeiten.

Gelungene Beispiele für die Struktur solcher Lehrdokumente sind “der Ozobot im Unterricht” sowie Materialien des Materialnetzwerks der Alemannenschule Wutöschingen. Diese hat ein Konzept entwickelt, mit dem die Lernenden sich eigenständig im individuellen Lernprozess orientieren.

Zeitgemäße Unterrichtsideen finden
Unterrichtsideen aus der edulabs-Community für kompetenzorientierte Bildung und Partizipation.

Zur Sammlung

Neben den selbstorganisierten Lernszenarien gibt es noch weitere zeitgemäße Konzepte. Sie konzentrieren sich entweder auf bestimmte Methoden und Werkzeuge, oder sie haben Projektarbeiten zum Ziel, in dessen Rahmen Lernende sich über einen längeren Zeitraum einer Sache widmen. Beispiele für projektorientierte Vorhaben sind angeleitete Hardware-Projekte, bei denen Lernende praktisch ins Machen kommen. Die Materialien dafür sind begleitend und geben den Rahmen vor. Ihre Struktur ist sehr vom Thema und Umfang abhängig. Ähnlich verhält es sich mit Konzepten, die sich auf bestimmte Werkzeuge oder Methoden konzentrieren, wie dem des zeitgemäßen Unterrichts mit Videokonferenzen oder der browserbasierten Auseinandersetzung mit Glühwürmchen. Auch das Konzept des pädagogisch offenen Vorhabens ist interessant, in dessen Rahmen Lernende ihre Materialien mit individuellen Fragen und etwa einem Unterrichtsblog oder einem Erklärvideo selbst entwickeln – weitere Vorschläge finden sich in den nächsten Kapiteln.

Wenn es um die Erstellung und Bewertung von OER geht, dann gilt es also technische, rechtliche und didaktische Offenheit zusammenzudenken. Nur so erhalten wir wirklich freie Bildungsmaterialien, die nicht nur zugänglich sind, sondern auch zeitgemäßes Lehren und Lernen fördern.

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