Bildungsmaterialien gemeinsam finden, auswählen und entwickeln

Bild: edulabs / Maximilian Voigt. Lizenz: CC-BY 4.0

Die Projektförderung von edulabs ist ausgelaufen, das Netzwerk bleibt aber noch aktiv und die zahlreichen Inhalte dieser Seite werden erhalten. Mit der Artikelreihe „Abschlussbericht“ dokumentiere wir unsere Erkenntnisse. Der vorliegende Beitrag behandelt Erfahrungen rund um die Qualität von freien Bildungsmaterialien, mit dem Fokus auf das edusprint-Format. Alle weiteren Artikel findet ihr hier.

Gute Bildungsmaterialien: eine Reflexion
Was sind gute OER? Die Lizenz ist nur ein notwendiges Kriterium, wichtig sind insbesondere die didaktischen Aspekte.
Bei freien Bildungsressourcen im Netz gibt es ein Filterproblem: Je mehr Material verfügbar wird, desto aufwändiger wird die Suche. Eine Lösung sind kuratierte Linksammlungen, bei denen sich Gruppen (an Schulen, in Initiativen, an der Hochschule…) zusammen auf bestimmte Empfehlungen einigen. Mit dem edusprint-Konzept stellen wir eine Methode vor, eine solche Sammlung kollaborativ zu erstellen.

Mit dem edulabs-Projekt möchten wir Methoden, Tools und Ansätze einer zeitgemäßen und fächerübergreifenden Medienbildung fördern, die als frei nachnutzbare Open Educational Resources (OER) zur Verfügung stehen. Viele Materialien gibt es bereits, nur sind sie noch wenig bekannt. Diese Beobachtung führte schnell zu der Frage, wie eine attraktive Menge an Unterrichtsideen zusammengestellt werden kann: Wie finden wir in kurzer Zeit möglich viele Best Practices und stellen zugleich sicher, dass die freien Netzressourcen für Pädagoginnen und Pädagogen in der Praxis relevant sind? Und wer füllt eine solche Sammlung wann und wie?

Von der Grundidee offener Bildung ausgehend und im Rahmen der edulabs-Projektziele war klar, dass sämtliche Empfehlungen aus der Community selbst heraus kommen müssten – ebenso der redaktionelle Prozess einer qualitätssichernden Begutachtung. Zudem wollten wir uns dem Anspruch stellen, die Umsetzbarkeit wie auch die Möglichkeit zur schnellen Anpassung der Unterrichtsideen in der Praxis zu gewährleisten.

Hier bot sich das ebenfalls aus der vielfältigen Bandbreite offener Ansätze kommende Konzept der Booksprints an: zur Sammlung aber auch zur Dokumentation und Erstellung konkreter offener Bildungsmaterialien entwickelten wir hieraus das Format der Edusprints. Mehrfach luden wir Pädagog*innen und andere Bildungsprofis der innovativen digitalen Bildungsarbeit zu ein- bis zweitägige Intensivworkshops ein. In einem moderierten Prozess wurden gute Unterrichtsideen, Methoden und Tools zusammengetragen, welche als offene Bildungsmaterialien im Netz zu finden sind. Neben der Sichtung von vorhandenen Materialien wurden von den Teilnehmenden während der edusprints auch neue Materialien entwickelt.

Zeitgemäße Unterrichtsideen finden
Unterrichtsideen aus der edulabs-Community für kompetenzorientierte Bildung und Partizipation.

Zur Sammlung

Initialzündung der edusprints war zunächst das Ziel einer im Rahmen von edulabs selbst generierten Sammlung für zeitgemäße Unterrichtsideen “Bildung in der digitalen Welt”. Eine übersichtliche Darstellung der gefundene Netzressourcen sollte eine umfassende Vergabe von Metadaten fördern und die einfache Nachnutzung mit aussagekräftigen Kurzbeschreibungen unterstützen. .

Das Vorgehen während eines edusprints ist denkbar einfach: Zu jeder Netzressource (externer Link) wird über ein Eingabeformular eine Übersichtskarte erstellt, die neben Kurzbeschreibung und Ausweis der Lernziele und angesprochenen Kompetenzen auch weiterführende Empfehlungen für den Einsatz in bestimmten Fächern sowie die Auflistung der benötigten Technik und Vorbereitungszeit mit umfasst. Es werden nur solche Unterrichtsideen und Materialien aufgenommen, die unter freien Lizenzen als Open Educational Resources (OER) verfügbar sind (CC-0, CC-BY, CC-BY-SA). Die Empfehlungen richten sich an Lehrende in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen und lassen sich komfortabel nach Fächern, Kompetenzen und anderen Kriterien filtern.

Wie läuft ein Edusprint ab?

Bei einem Sprint ist es wichtig, eine ergebnisorientierte und zugleich angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Er wird daher nach einem relativ genauen Fahrplan durch eine Moderation begleitet. Die Aufgabe der Moderatorin oder des Moderators ist es, die Gruppe in ihrem Vorhaben zu strukturieren, gleichzeitig aber auch in freie Arbeitsphasen zu bringen, Feedbackschleifen einzubauen und den Austausch in den gegegeben Zeitfenstern auf das Ergebnis hin zu steuern. Auch ist es wichtig, für die Einhaltung der Pausenzeiten zu sorgen und auf die Bedürfnisse der Gruppe einzugehen, zu motivieren und Wertschätzung zu vermitteln. Auf diese Weise kommen auch erfahrene Pädagog*innen und Kenner von Medienprojekten im Feld ‘Digitales Lernen’ besser ins Machen.

Ein shematisches Kanban-Board

Ein zentrales Element der Prozesssteuerung und -ermöglichung ist das Kanban-Board. Es dient zur Visualisierung des Arbeitsprozesses. Hier werden Ideen sichtbar, Arbeitspakete formuliert und Einzelpersonen oder Teams als verantwortliche Bearbeiter*innen zugewiesen. Der aktuelle Stand ihrer Bearbeitung wird in ToDo-Listen abgebildet. Beim Edusprint bleibt so jeder auf dem Laufenden darüber, wer gerade an welcher Unterrichtsidee / Karte arbeitet und welche Ideen noch nicht in der Bearbeitung sind. Entsprechend wird auch der Output und damit der Erfolg sichtbar - für jede Arbeitsgruppe in beliebigen Kontexten zentraler Bestandteil gelungener Zusammenarbeit.

Bei einem Edusprint ist es besonders zu Beginn spannend zu wissen, wer im Raum ist, wer welche Netzwerke und Skills mitbringt - die Edusprinter-Wand zum Einstieg bietet eine gute Möglichkeit, um ins Gespräch zu kommen: Jeder Teilnehmer pinnt auf farbigen Post-Its Informationen zu seinem Arbeitskontext, seinen besonderen Schwerpunkten und Expertise an die Wand. Diese können bei Bedarf geclustert werden.

Der Edusprint als Katalysator auch für Materialerstellung

Beim Sprinten werden immer wieder Materialien gefunden, die im Ansatz gut, aber etwa veraltet oder in ungeeigneter Form dokumentiert sind und in einer neuen Zusammenstellung besser weitergedacht werden könnten. Da offene Materialien diese Möglichkeit mit sich bringen, ist es hilfreich, auch während des Sprints Tools bereit stehen zu haben, mit denen sich zügig und unaufwändig Publikationen realisieren lassen.

Hierfür bietet sich der kollaborative Online-Editor HackMD an. Das Open Source Tool ist geeignet um sehr unaufwendig schlanke Website zu erstellen, zudem können wie bei einem Etherpad mehrere Autor*innen gleichzeitig an einem Text arbeiten. Die Einbindung von Bild- oder Videomaterial ist ohne großen Aufwand möglich. HackMD wird unter https://hackmd.okfn.de auch vom Open Knowlegde Foundation Deutschland e.V. in Berlin angeboten.

Learnings, Ausblick und Empfehlung

Ganz eindeutig haben wir die Sprintmethode als die richtige Herangehensweise erlebt, um gerade auch im Bildungskontext vielfältige Ergebnisse in einem begrenzten Zeitfenster zusammenzutragen. Die Zusammenstellung einer diversen Autorengruppen mit Blick auf Fachschwerpunkte und unterschiedliche Arbeitskontexte hat sich dabei sehr bewährt. Arbeitspakete fanden zügig eine versierten Redakteur*in mit Interesse am jeweiligen Inhalt. Das Format hatte zudem einen starken Vernetzungscharakter und brachte in den informellen Teilen weiterführenden Austausch und Ideen hervor. In diesem Sinne eignet sich ein Sprint auch im Kontext von Teambildung und Organisationsentwicklung - etwa im Feld Schule um den Herausforderungen digitaler Transformationsprozesse mit Blick auf Unterrichtsentwicklung und das Schulprofil als Kollegium voran zu bringen.

Auf ihrem Bildungsblog ebildungslabor.de hat Nele Hirsch in einem umfassenden Artikel ganz grundsätzlich zusammengetragen was Sprints im Arbeitskontext von Organisationen und zivilgesellschaftlichen Initiativen speziell im Bildungsbereich leisten können.

Einen edusprint durchführen

Goldene Sprint-Regeln

CC-BY 4.0 - Nele Hirsch

  1. Ein Sprint steht und fällt mit einer guten Vorbereitung. Nichts ist unbefriedigender als wenn motivierte Menschen anreisen, mit dem Sprint loslegen wollen, aber sich stattdessen erst einmal auf technische Fragen und den Arbeitsprozess verständigen müssen. Stattdessen ist es sinnvoll, dass ein konkreter Vorschlag zur Arbeitsweise zu Beginn vorgestellt wird. Außerdem sollte die technische Umgebung vorbereitet, d.h. z.B. alle gewünschten Dokumente schon eingerichtet sein.
  2. Ein Sprint lebt von den Teilnehmenden. Die Bewerbung eines Sprints ist ganz entscheidend. Anders als bei Konferenzen, auf denen passive Teilnehmende nicht stören, ist es bei einem Sprint unbedingt erforderlich, Menschen zur Teilnahme zu motivieren, die sich aktiv einbringen wollen. Je nach geplantem Projekt im Sprint sollte auch sichergestellt sein, dass alle Expertinnen und Experten vorhanden sind, die man braucht, um das Projekt realisieren zu können: Wer kann gut recherchieren? Wer bringt technische Kenntnisse ein? Wer hat pädagogische Expertise?
  3. Beim Sprint arbeiten alle gleichberechtigt. Die Teilnehmenden eines Sprints nehmen in der Regel ehrenamtlich teil. Bei guter finanzieller Ausstattung ist es zwar manchmal möglich, eine kleine Aufwandsentschädigung zu bezahlen, aber das ändert nichts am grundsätzlichen Charakter der Freiwilligkeit. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass die Teilnehmenden gemeinsam über Pausen, wichtige ToDos und darüber, wer was macht, entscheiden. Und auch jeder einzelne Teilnehmer muss für sich entscheiden dürfen, ob und wann er eine Auszeit braucht oder ob er noch weiter arbeiten will.
  4. Ein Sprint ist nicht der richtige Raum für Grundsatzdiskussionen. Schnell kann es passieren, dass im Rahmen eines Sprints eine Frage aufgeworfen wird, zu der eine erhitzte Diskussion entbrennt. Das kann ein inhaltliches Thema betreffen oder auch einfach nur den Arbeitsprozess. In diesen Fällen ist eine gute Moderation gefragt: Sie sollte dabei darauf achten, nur diejenigen Punkte zu klären, die für den Sprint unbedingt erforderlich sind. Alles weitere kann auf das informelle Zusammensein am zu einem späteren Zeitpunkt verlegt werden. Um Grundsatzdiskussionen zu vermeiden, ist es sinnvoll, vorab gut über Zielsetzung und Abläufe zu informieren. Eventuell kann eine vorbereitender Call (Telefonkonferenz) für offene Fragen realisiert werden.
  5. Die Sprint-Ergebnisse müssen nachhaltig genutzt werden. Niemand arbeitet gerne für den Papierkorb. Da bei einem Sprint viele Menschen freiwillig etwas von ihrer Zeit investieren, ist es umso wichtiger, dass von Beginn an überlegt wird, wie mit den Ergebnissen umgegangen wird: Welche Wege der Veröffentlichung gibt es? Wer sorgt für ein ansprechendes Layout? Wie wird eine möglichst gute Verbreitung sichergestellt?

Viele Kontexte sind denkbar, in denen es Sinn macht einen Edusprint zu organisieren: Bildungsmaterialien in einem gemeinsamen Arbeitsprozess im Netz zu publizieren und dann idealerweise in eine offene Form zu bringen

Checkliste - wir empfehlen folgende Schritte

  • Zielsetzung des Sprints: Definieren ob es es um die Beschreibung und Sammlung von Bildungsmaterialien zu allgemeinen oder zu bestimmten Themenbereichen geht; zielt auf ein gesamtes Kollegium Organisation oder Initiative soll der Sprint Anregungen aufbereiten
  • Termin festlegen (mind. 6h) - dabei Anreisewege, Zeit zum Ankommen und Energiekurven beachten.
  • Teilnehmer*innen mobilisieren (Kollegium, Netzwerke, Fachpublikum, Expert*innen…)
  • Moderation Person/en finden, die die Rolle der Gasgeber*in übernehmen können und den Arbeitsprozess steuernd begleiten.
  • Ort zum Sprinten: Geeignet ist ein Raum der atmosphärisch und technisch die richtigen Voraussetzungen schafft:
    • Arbeitstische und gute Bestuhlung für alle Beteiligten
    • ausreichend Platz für Tischinseln oder eine Anordnung im Rund/Viereck, welche direkte Kommunikation ermöglicht
    • idealerweise abgetrennte Bereiche für Kleingruppen/ Rückzug.
    • Platz für Wandvisualisierungen
    • Möglichkeiten für Pausen
  • Technik: In der Regel bringen Teilnehmende ihren eigenen Laptop zum Arbeiten mit - gesorgt sein sollte für:
    • Steckdosen in ausreichender Anzahl
    • stabiler Internet-Zugang (WLAN)
    • Beamer (für die Visualisierung der Ergebnisse im Plenum)
  • Moderationsmaterial/Visualisierung: Mindestens zwei Pinnwände, Moderationskarten / Klebenotizen und Marker zur Visualisierung. Hilfreich sind vorbereite Stellwände für die Vorstellung und Namensschilder zur Markierung für die teilnehmende Person (z.B. Wäscheklammer mit Namen).
  • Online-Tools: Entweder eigene Software oder frei nutzbare Etherpads, die vorab eingerichtet und strukturiert werden. Gut nutzbar ist z.B. HackMD, ZumPad oder YourPart. Gegebenenfalls ein Kommunikations-Tool wie Slack
  • Verpflegung: guten Kaffee/Tee, Wasser sonstige Getränke und kleinere Snacks (Obst/Nüssen) direkt bei den Arbeitsplätzen. Mittagsverpflegung am oder in der Nähe des Tagungsortes.
  • Wer bei seinem Sprintvorhaben an die bestehende edulabs-Sammlung anschließen möchte, bitten wir um Kontaktaufnahme info@edulabs.de


Kommentare

Markdown ist erlaubt. Die Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Mitmachen

Freie Bildungsmaterialien sind dir wichtig und du möchtest zeitgemäße Bildung voranbringen? Dann freuen wir uns auf dich und deine Erfahrungen.