Warum Open Source-Technologien etwas für moderne Schulen sind

Bild: Leonard Wolf. Lizenz: CC-BY 4.0

Sebastian leitet seit 2017 die Demokratielabore bei der Open Knowledge Foundation Deutschland. Vorher hat er bei einer gemeinnützigen Stiftung in den Themenfeldern digitale Bildung und Open Educational Resources gearbeitet. In Bielefeld hat er seinen Abschluss in Erziehungswissenschaft mit den Schwerpunkten Schulpädagogik und Medien gemacht. Sebastian glaubt, dass freie Inhalte Treiber von Innovation im Bildungswesen sein können und ist großer Freund von Open-Source-Software und deren Einsatz in Schule und Unterricht.

Open Source passt von der Idee und der Ausrichtung her gut in eine moderne Schule.

Du hast ein Buch zum Thema „Open Source und Schule“ herausgegeben. Wieso hast du das gemacht?
Weil ich es anstrengend fand, Informationen zu diesem Thema zu finden. Es gab nichts Gebündeltes, nur veraltete Listen, in die sich Schulen eintragen konnten, wenn sie Open Source Software nutzen. Das waren dann die engagierten Lehrenden, die sich dort eingetragen haben. Aber wenn die weg waren, gab es keine Ansprechpartner mehr. Mit dem Buch wollte ich diese Informationslücke schließen. Ich wollte, dass wenn jemand im Internet nach Open Source und Schule sucht, sofort ein Werk findet, das über dieses Thema umfangreich informiert.

Warum ist das Thema wichtig?
Grundsätzlich passt Open Source von der Idee und der Ausrichtung her sehr gut in eine moderne Schule. Denn freie Software bringt viele Themen mit, die eine moderne Schule behandeln sollte bzw. behandelt, wie Offenheit, die Möglichkeit hinter Prozesse schauen zu können und sich zu beteiligen. Hinzu kommt, dass Open Source Software die Eigenverantwortlichkeit stärkt und unabhängig macht. Das passt gut zum Konzept einer selbstorganisierten und lernenden Schule.

Mit dem Projekt „Demokratielabore“ möchtet ihr demokratische Kompetenzen fördern. Wie wichtig sind offene Technologien für die Demokratie? Insgesamt würde ich sagen: Offene Standards sind wichtiger als offener Quellcode. Die Kommunikation zwischen den einzelnen Programmen und Technologien ist viel wichtiger als der freie Code - auch wenn beides oft Hand in Hand geht. Allgemeiner ist Open Source wichtig für eine gut funktionierende Demokratie, besonders, wenn es zu Themen kommt wie Unabhängigkeit, Austausch und Innovationsfreude. Ich würde aber nicht sagen, dass die Demokratie davon so wahnsinnig abhängig ist. Trotzdem würde ohne Open Source ein sehr wichtiger Teil fehlen, insbesondere, wenn ich an das Internet denke, das ja zu großen Teilen darauf basiert. Die meisten Menschen profitieren indirekt davon, dass Technologien quelloffen zur Verfügung stehen.

Open Source: Das Image der Bastlerlösung ist Quatsch.

Freie Software und insbesondere auch Hardware setzen sich an Schulen nur selten durch. Woran liegt das?
Viele Menschen nutzen gerne das Tool auf der Arbeit, was sie auch zuhause nutzen. Das ist einfach eine Komfortfrage. Und von denen, die sich im Schulkontext für digitale Technologien interessieren, haben wenige ein Linux auf dem Privatrechner. Wenn es im Unterricht dann um digitale Themen gehen soll, ist es also für viele eine weitere Hürde, Open Source-Software zu verwenden. Das liegt sicherlich auch daran, dass Open Source-Technologien immer noch das Image einer Bastlerlösung haben, an der immer herum gebaut werden muss - was Quatsch ist. Wobei es wichtig ist zwischen den wenig verbreiteten freien Betriebssystemen und der stark verbreiteten Anwendungssoftware wie LibreOffice oder Firefox zu unterscheiden.

Was muss passieren, dass sich das ändert?
Es braucht an der Schule immer eine Gruppe, die eine gewisse Bereitschaft hat offene Technologien einzusetzen, die aber auch die Verantwortlichkeit übernehmen darf, das Netz und die Technik vor Ort zu administrieren. Es braucht also einen Vor-Ort-Service. Wenn es keine solche Struktur einer Administrationsgruppe gibt, dann bedeutet es für den Einzelnen immer erst mal Mehrarbeit, Open Source-Technologien einzusetzen. Und dazu sind die wenigsten, oft auch aus gutem Grund, bereit. Servicedienstleister bieten weniger Open Source-Software an als proprietäre Produkte großer Konzerne.

Der Raspberry Pi im Unterricht
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Ein anderes Problem ist die Auffassung, dass Schulen Werkzeuge und Programme lehren müssen, die im Beruf eingesetzt werden, um auf das spätere Leben vorzubereiten. Im Arbeitskontext werden Microsoft-Produkte genutzt, also muss jeder lernen wie man mit diesen arbeitet. Da steckt kein Kompetenzgedanke dahinter, es geht nur um Anwendungsschulung. Dass es nicht zielführend ist, reine Anwendungsschulungen zu betreiben, merkt man schon alleine daran, wie sehr sich beispielsweise Microsoft Word in den letzten Jahren verändert hat. Wir kommen gar nicht daran vorbei solche Technologien kompetenzorientiert zu vermitteln. Hier stehen Schulen dann oft unter dem Druck vieler unterschiedlicher Stakeholder, wie beispielsweise Eltern, die sich für ihre Kinder eine gute Ausbildung wünschen.

Damit mehr Open Source-Technologien an Schulen eingesetzt werden können, braucht es mehr Gestaltungsfreiheit seitens der Schule und mehr Zeit die eigene Einrichtung zu gestalten. Das eigene Bauen und Gestalten der Schule muss gefördert werden.

Wie meinst du wird sich der Einsatz von Open Source-Technologien in den nächsten Jahren entwickeln?
Ich denke, dass das immer mehr verschwimmen wird, indem auf der einen Seite Notebooks und feste Rechner weniger und in der Breite eher Tablets eingesetzt werden. Auf der anderen Seite könnten Kleinstcomputer, wie der Raspberry Pi, vermehrt zum Einsatz kommen. Für das Verstehen wird die Bastellösung eingesetzt und mit den Tablets werden schnell und auch effektiv digitale Dokumente erstellt. Wie sinnvoll das ist, nur mit einem Tablet Produkte zu erstellen, ist dabei eine andere Frage. Dazu gibt es einen interessanten, wenn auch spitz formulierten Tweet von Tobias Hübner:

Alle Sachen, die Probleme machen und nicht komfortabel sind, erledigt die Software für dich - mit dem, was im Hintergrund passiert, setzen die Lernenden sich dann weniger auseinander. Daher wäre eine Kombination beider Komponenten ein erster Schritt in die richtige Richtung.

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